Das Ehrenamt ist aus vielen Bereichen der Gesellschaft nicht wegzudenken. Was Ehrenamtliche leisten, geht häufig weit über das hinaus, was man für möglich halten würde. Wie man zum Ehrenamt kommt, was man davon hat und wie die Freiwilligenagentur Hand in Hand im Landkreis Neu-Ulm in dieses Puzzle passt, das schauen wir uns in diesem Artikel an.
Die Freiwilligenagentur Hand in Hand Neu-Ulm
Ahnungslos wie ich eben bin, wusste ich lange Zeit nicht, dass es die Freiwilligenagentur Hand in Hand im Landkreis Neu-Ulm überhaupt gibt. Dabei besteht die schon seit 2011 und agiert von Neu-Ulm aus, wirkt aber im gesamten Landkreis und eben auch in Illertissen und der Umgebung.
Aber was macht eigentlich so eine Freiwilligenagentur und welchen Bezug hat eine solche zu Illertissen? Diese Fragen beantwortete mir Frau Spieß, die Leiterin der Freiwilligenagentur Hand in Hand im Landkreis Neu-Ulm. Entsprechend lasse ich an dieser Stelle einfach mal Frau Spieß die Freiwilligenagentur Hand in Hand vorstellen, denn wer könnte das besser?
„Als Freiwilligenagentur sind wir der Ansprechpartner für alle Fragen und Ideen rund ums Thema Ehrenamt im Landkreis Neu-Ulm. Vereine und Institutionen können sich ebenso an uns wenden, wie bereits ehrenamtlich Engagierte oder Bürgerinnen und Bürger, die auf der Suche nach einem passenden Ehrenamt sind. Wir beraten und vermitteln, außerdem bieten wir Schulungen, Fortbildungen und Austauschmöglichkeiten an. Die regionale Vernetzung spielt für uns ebenfalls eine große Rolle, wir sind Kooperations- und Netzwerkpartner für die Kommunen im Landkreis und deren unterschiedlichen Gremien. Grundsätzlich verstehen uns als Sprachrohr für das Ehrenamt und werden nicht müde, es zu würdigen und zu unterstützen.“
Einst war die Freiwilligenagentur Hand in Hand übrigens an das Landratsamt angeschlossen. Inzwischen wurde sie in die Trägerschaft der Malteser übergeben. Grundsätzlich arbeitet die Freiwilligenagentur politisch unabhängig und Konfessionen übergreifend – so ist es auch auf der Website zu lesen. Man handelt unabhängig, greift aber durchaus aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Themen auf.
Das Projekt Lesepatenschaft
Im Zentrum der Arbeit steht – wie so häufig bei ehrenamtlichem Engagement – der Mensch und das fängt schon bei den Kleinsten an. Eines der Projekte, die auf der Website der Freiwilligenagentur prominent platziert sind, ist die Lesepatenschaft. Lesepaten sind heutzutage wichtiger denn je, denn, während manche Eltern ihren Kindern schlicht nicht vorlesen, können andere nicht, entweder, weil sie keine Zeit haben oder die Sprache selbst nicht (richtig) beherrschen.
„Das Projekt Lesepaten entstand als Kooperation unserer Freiwilligenagentur mit der Neu-Ulmer Ehrenamtsbörse und der Stadtbücherei Neu-Ulm. Dabei werden Personen in Kitas und Grundschulen vermittelt, um dort als ehrenamtliche Lesepaten den Kindern vorzulesen und so ihre Begeisterung für Bücher zu fördern und zu unterstützen. Die Patinnen und -paten begleiten wir mit Schulungen und Infos, Buchvorschlägen und Austauschmöglichkeiten.“
In Neu-Ulm ist aber natürlich bei weitem nicht Schluss. Das Lesepatennetzwerk soll wachsen, um noch mehr Kids die Freude am Lesen und den Geschichten, die in Büchern geschrieben stehen, zu vermitteln und näherzubringen. Hierfür werde eng mit verschiedenen Einrichtungen und Büchereien zusammengearbeitet, so auch in Illertissen, wo Lesepaten übrigens sogar von einem Vorteil in der Stadtbücherei St. Martin profitieren:
„In Illertissen zum Beispiel kooperieren wir mit dem Familienstützpunkt der Stadt und die Stadtbücherei St. Martin stellt für die aktiven Lesepatinnen und -paten kostenlose Büchereiausweise zur Verfügung.“
Wer ebenfalls gerne vorlesen möchte, sich aber nicht sicher ist, ob er das kann – keine Sorge! Auch daran denkt man bei der Freiwilligenagentur, wie Spieß versichert:
„Im Mai haben wir im südlichen Landkreis einen Workshop geplant mit dem Titel „Lebendiges Vorlesen“ zu dem bereits aktive Lesepatinnen und -paten aber auch Interessierte eingeladen sind, sich im Vorlesen zu üben.“
Der Weg ins Ehrenamt
Doch wie muss ich es mir eigentlich vorstellen, wenn ich mich an die Freiwilligenagentur wende und mich für ein Ehrenamt interessiere? Ich ging immer davon aus, dass ich mich bei einem Verein oder dergleichen direkt melde (oder dort bereits Mitglied bin) und man mir dort sagt, ob man jemanden benötigt oder nicht. Viele dürften auch die Vorstellung davon haben, dass man automatisch in ein Ehrenamt rutscht, sobald man in einem Verein einen Posten übernimmt. Das mag teilweise so sein, aber es geht auch anders.
Die Freiwilligenagentur Hand in Hand bietet mehrere Möglichkeiten an, sich über mögliche Aktivitäten zu informieren, beginnend mit einfachem Stöbern auf den Plattformen der Agentur:
„Wer auf der Suche nach einem Ehrenamt ist, hat mehrere Möglichkeiten. Wer einfach ein wenig durch die Angebote stöbern möchte, schaut am besten auf unserer Homepage oder unseren Social-Media-Kanälen vorbei. Dort stellen wir regelmäßig aktuelle Gesuche aus dem Landkreis ein und geben auch immer direkt die entsprechenden Ansprechpartner an.“
Wer es schon ernster meint, kann sich auf der Ehrenamtsbörse der Freiwilligenagentur umsehen:
„Jede und jeder kann dort gezielt nach Angeboten in der Umgebung suchen oder sich selbst registrieren. Dort kann man angeben, in welchem Umfang, welchem Bereich und ab wann man sich engagieren möchte. Mit diesen Angaben wird ein Profil erstellt, das mit den Einträgen der Institutionen und Vereine abgeglichen wird. Bei einem Match bekommt der- oder diejenige dann die Kontaktdaten der Einrichtung von uns und kann selbst Kontakt aufnehmen.“
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Und für alle, die noch völlig planlos sind, ist man natürlich ebenfalls zur Stelle, wie Spieß erklärt. Man stehe über verschiedene Wege all jenen zur Seite, die sich erst mal beraten lassen möchten oder vielleicht auch einfach den persönlichen Kontakt bevorzugen – bei Hand in Hand wird man auf Wunsch also auch direkt an die Hand genommen.
„Wer sich noch unsicher ist, welches Engagement passen könnte oder aber persönlichen Kontakt bevorzugt, kann sich bei uns auch individuell beraten lassen. Das geht entweder per E-Mail, telefonisch zu unseren Beratungszeiten oder persönlich bei uns in der Donaustraße, am besten nach Terminvereinbarung.“
Natürlich wollte ich auch wissen, welche Voraussetzungen man erfüllen sollte, um ehrenamtlich tätig zu sein. Ich frage Frau Spieß daher, was man mitbringen sollte – und die Antwort fiel eindeutig aus:
„Lust aufs Ehrenamt.“
Sie ging aber natürlich noch ein wenig mehr ins Detail, denn gerade Neulinge in dem Bereich bringen eine Vielzahl von Fragen mit – etwa auch, ob sie mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen überhaupt etwas beitragen können. Können sie!
„Alles andere darf so individuell sein, wie das Angebot an Engagementmöglichkeiten. Es gibt so viele unterschiedliche Chancen und Gelegenheiten, sich einzubringen. Ob technisch interessiert oder im sozialen Bereich, ob sprachlich qualifiziert oder im Sport, ob tierlieb oder mit Kids – die thematische Spannbreite ist riesig. Auch wer nur sporadisch aktiv sein möchte oder nur eingeschränkt mobil ist, hat zahlreiche Möglichkeiten. Es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten, sich digital einzubringen, z.B. durch ehrenamtlichen Recherchearbeiten oder Übersetzungen. Da versuchen wir, für jede und jeden das Passende zu finden, so dass außer der Motivation, etwas zu tun, nichts nötig ist.“
Aber reden wir auch über diesen Aspekt: Ehrenamt ist nun mal Ehrenamt und Geld sieht man hier für die geleistete Arbeit nicht. Man muss also schon mit Leidenschaft und Herzblut bei der Sache sein und wirklich etwas für Mensch, Tier oder Natur tun wollen. Deshalb fragte ich Frau Spieß auch, weshalb es sich dennoch „lohnt“ ehrenamtlich tätig zu sein:
„Ich glaube, dass Ehrenamt glücklich macht. Warum? Weil eine ehrenamtliche Beschäftigung der Beweis ist, dass jede und jeder in unserer Gesellschaft einen Platz hat, an dem er mit seinen Talenten und Fähigkeiten gebraucht wird. Der Einsatz für andere ist etwas, worauf man stolz sein darf und einem die eigene Selbstwirksamkeit vor Augen führt. Das macht uns zufriedener und gibt uns ein gutes Gefühl. Nicht zu vergessen der gesellige Aspekt, den ein Ehrenamt mit sich bringt, man ist in Gesellschaft und gehört zu einer Gemeinschaft.“
„Um aber das Ehrenamt auch tatsächlich auf finanzieller Ebene ein wenig zu honorieren und als Wertschätzung des Engagements hat das Bayerische Sozialministerium die Bayerische Ehrenamtskarte ins Leben gerufen. Mit dieser Karte, die Ehrenamtliche, die sich in einem bestimmten Umfang engagieren, bei uns beantragen können, erhalten sie Vergünstigungen bei zahlreichen Einrichtungen und Geschäften im Landkreis und bayernweit.“
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Die Freiwilligenagentur in Illertissen
Nun kommt euch Neu-Ulm vielleicht so fern vor, wie weiter oben bereits geschrieben, ist die Freiwilligenagentur Hand in Hand aber auch in der Vöhlinstadt fleißig zugegen, auch abseits der Lesepatenschaft.
Tatsächlich erklärte man mir, dass gerade die vielen Vereine, die es hier gibt, von einem Austausch mit der Freiwilligenagentur Hand in Hand profitieren können, denn neben der Gewinnung neuer Mitglieder hilft die Freiwilligenagentur beispielsweise auch mit Fortbildungsmöglichkeiten.
Gerade, da die Bürokratie und Gesetzgebung für viele Vereine inzwischen nahezu überwältigend sind, ist es gut zu wissen, dass es Anlaufstellen gibt, an die man sich wenden kann, um in Sachen Datenschutz, Rechtssicherheit, Digitalisierung & Co. wieder up-to-date zu sein und zu bleiben:
„Vereine können auf unterschiedliche Art und Weise von unserer Arbeit profitieren, nicht nur, wenn sie z.B. auf Mitgliederakquise sind oder Helferinnen und Helfer für eine Veranstaltung oder ähnliches suchen. Da können sie sich natürlich jederzeit mit ihrem Gesuch bei uns melden und wir stellen es auf unseren Plattformen ein.“
„Wir haben außerdem verschiedene Fortbildungs- und Schulungsprogramme, an denen Vereine kostenfrei teilnehmen können, so z.B. den Vereinsführerschein, eine Schulungsreihe, mit der wir Menschen fit für ein Vorstandsamt machen wollen. Aber auch zu anderen Themen des Vereinslebens, wie Homepage, Datenschutz, Digitalisierung, Rechtssicherheit, Formalia einer Mitgliederversammlung u.ä. finden regelmäßig Fortbildungen statt.“
„Darüber hinaus versorgen wir Vereine mit wichtigen Informationen wie z.B. über aktuelle Ausschreibungen und Förderprogramme.„
Die Freiwilligenagentur Hand in Hand ist recht umtriebig, wie mir klar wurde, als ich mich mit dieser näher beschäftigte. Vor allem geschieht vieles abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit, weshalb ich es für wichtig erachte, dass darüber gesprochen wird – insbesondere auch in Anbetracht der Bedeutung vom Ehrenamt für die Gesellschaft.
Damit ist die Freiwilligenagentur aber noch lange nicht am Ende ihrer Vorhaben angekommen. Natürlich war ich neugierig und konnte es nicht lassen, danach zu fragen, welche Projekte ihre Schatten vorauswerfen.
„Das Jahr 2023 haben wir für uns zum „Jahr der Vereine“ erklärt, denen wir einige Gelegenheiten bieten wollen, von unserer Arbeit zu profitieren. So werden wir eine Art „Stammtisch“ als Möglichkeit zum offenen Austausch mit fachlicher Begleitung etablieren, zu dem alle Vereine im Landkreis herzlich eingeladen sind. Wichtig ist uns auch, dass wir in den einzelnen Kommunen des Landkreises aktiv sind und dort mit den Vereinen und Institutionen, aber auch den Ehrenamtlichen im ständigen Austausch sind. Dort sind Vereinstage, Schulungen und Fortbildungen geplant.“
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Und ihr habt auch die Gelegenheit, euch direkt während Veranstaltungen mit dem Team der Freiwilligenagentur Hand in Hand auszutauschen:
„In Illertissen werden wir am 15. April im Rahmen des Öko- und Regiomarkts auf dem Schrannenplatz vertreten sein und über das Thema „Engagement für Umweltschutz und Klima“ informieren. Wir freuen uns, über jeden, der bei uns vorbeischaut, um uns kennenzulernen.“
Lasst mal hören: Seid ihr bereits ehrenamtlich tätig? Habt ihr Interesse an einem Ehrenamt? Und wie erlebt ihr aktuell das Ehrenamt?
